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Masood kniet in der Bauhalle an seinem Arbeitsplatz. Er verlegt Bodenfliesen, vor sich eine Wasserwaage.

Masood

Masood hat unsere Fragen per Sprachnachricht beantwortet. Wir haben diese in Text umgewandelt und etwas gekürzt. Es handelt sich also im Folgenden um gesprochene Sprache.

 

Wer ich bin und wo ich herkomme

Ich bin Masood, bin 35 Jahre alt. Ich bin in Afghanistan geboren, habe einige Jahre im Iran gelebt und 2015 nach Deutschland gekommen. Im Sommer 2023 habe ich meine betriebliche duale Ausbildung zum Fliesen-, Platten- und Mosaikleger erfolgreich abgeschlossen und bin nun Geselle.

Meine ersten Kontakte mit Schule, Unterricht und Arbeitswelt

In Deutschland hatte ich das Glück, eine Lehrerin kennenzulernen, die mir von der Berufsschule erzählte und dass ich dort einen Ersten Schulabschluss machen kann. Ich habe sie gefragt: Was lernt man da, wenn man einen Schulabschluss macht? Sie hat geantwortet: Mathematik, Deutsch, Englisch und Fachsprache. Sie hat mir Beispiele für Mathematikaufgaben aufgeschrieben und ich habe verstanden, was sie meint. Also, in Mathe wird gerechnet usw. Und ich wollte einfach zur Schule gehen, weil ich als Kind nicht die Schule besuchen konnte und ich neugierig war, wie es hier ist und was man damit erreichen kann. Ich bin mit ihr mehrmals nach Flensburg gefahren. Wir haben dort mit einem Meister im Fach Metall gesprochen. Damals hatte ich unter A2 Sprachniveau, ich konnte nur sagen „Hallo, Guten Tag, meinen Namen und meine Adresse“. Ich habe Glück gehabt und einen Schulplatz bekommen. Nach einem Schuljahr hatte ich meinen Ersten Allgemeinen Schulabschluss, in der Zeit habe ich zwei Praktika gemacht. Die zwei Jahre bis zum Mittleren Schulabschluss waren die beste Zeit in meinem Leben.

 

Wie ich in Praktika mit meiner Sehbeeinträchtigung umgegangen bin

Ich habe mir nicht vorgenommen, die Betriebe über meine Sehbeeinträchtigung zu informieren. Ich wusste, dass ich schwache Augen habe und dass mir ein paar Leute helfen. Damals war die Situation so, dass ich einfach eine Ausbildung anfangen sollte aufgrund meines Aufenthaltsstatus in Deutschland. Ich habe früher im Iran als Fliesenleger gearbeitet und wollte gerne dem Beruf nachgehen.

Manche meinten „Oh, der kann sehen“, dann kamen Fragen wie „Der kann sich verletzen“. Ich habe einfach angefangen zu arbeiten. Viele Leute haben gesehen, dass ich in der Nähe keine so großen Schwierigkeiten habe, aber so in 1,5 m hatte ich Probleme, mich genau zu orientieren.

Im Iran und in Afghanistan gibt es keine Praktika, wo du arbeitest und Erfahrungen sammelst. Das ist in Deutschland anders. Mir war wichtig, dass ich Geld verdiene, egal über welchen Weg. Ich habe im Iran als Helfer auf dem Bau gearbeitet. Da habe ich viel durch praktische Erfahrung gelernt.

 

Wie es weiterging, als ich über ein Praktikum einen Ausbildungsplatz bekommen habe und dafür nach Lübeck gezogen bin

Im Betrieb waren mein Chef und die Kollegen mit meinen Leistungen zufrieden. Manchmal haben die Kollegen mir nicht vertraut und haben sich meine Arbeit nochmal genau angeschaut. Alles in allem war es aber ein prima Ausbildungsbetrieb mit netten Kollegen und einem guten Chef.

In der Berufsschule hatte ich meine Schwierigkeiten mit Schreiben, Lesen usw. Auf meine Augen bezogen habe ich mich in der Berufsschule durch einige Mitschüler ungerecht behandelt gefühlt. Manchmal haben mich die Lehrkräfte auch überfordert. Das war kein so gutes Gefühl für mich. Bspw. Wenn ich 20 Minuten mehr Zeit in Klassenarbeiten hatte, waren einige Mitschüler genervt und natürlich auch manche Lehrer, weil ich ihre Pause weggenommen hatte.

Manche Schrift an der Tafel konnte ich nicht gut lesen. Manche Mitschüler fanden es ungerecht, dass ich mehr Zeit in Klassenarbeiten und in den Prüfungen bekam. Das habe ich teilweise als diskriminierend empfunden. Ich habe mich immer gut schulisch vorbereitet. In meinem Beruf ist Mathematik sehr wichtig.

In der überbetrieblichen Ausbildung hatte ich gar keine Schwierigkeiten außer an Tagen, wo ich mich gefühlt habe, als hätte ich meine Augen nicht dabei und dadurch Fehler gemacht habe. Das kann aber jedem passieren. Ich war immer fleißig. Manche Mitschüler fanden es nicht so gut, dass ich Arbeitserfahrungen habe und sehr fleißig war.

 

Warum der Rehastatus bei der Bundesagentur für Arbeit für mich wichtig war

Für mich war es so, dass ich über die Bundesagentur für Arbeit ein Tablet, einen Laptop und einen Drucker bekommen habe. Dann kam die Zeit von Corona. Ich war im Homeschooling und durch die Ausstattung hatte ich wirklich Vorteile.

Ich habe außerdem bei meiner Rehaberaterin Extra-Werkzeuge beantragt und bekommen. Also einen Fliesenschneider und einen Nivellierlaser, eine elektronische Wasserwaage und anderes. Große Sachen, damit kann ich besser sehen. Der Betrieb hat eine finanzielle Förderung erhalten.

Das Landesförderzentrum Sehen, Schleswig hat mich unterstützt in den Bereichen PC, Arbeitsplatz, Baustelle usw. Es hat mich vor Ort beraten, mich bei der Antragstellung unterstützt, und so wurden mir die Hilfsmittel und Werkzeuge bewilligt. Ich darf sie behalten. Dafür bin ich dankbar.

 

Welche Hilfen und Unterstützung ich erfahren habe

Geholfen hat mir ein deutsches Ehepaar in meinem „Heimatdorf“ im Kreis Schleswig-Flensburg. Es ist mir zu Eltern geworden. Es hat mir geholfen beim Bundesamt für Migration und bei schulischen Themen und im Ausbildungsbereich. Wichtig war auch die AWO in Schleswig mit seinen ehrenamtlichen Helfern. Ab meinem Besuch der Berufsschule in Flensburg hat mich das LFS unterstützt. Oft musste ich Anträge bei Behörden stellen, damit ich weiterkomme. Ich bin dankbar allen Lehrerinnen und Lehrern, die sie mir geholfen haben. Und natürlich dem LFS, Frau von Falkenhausen und Frau Brodersen für die Beratungen in den Schulen und die Unterstützung bei den beruflichen Weiterbildungen. Für jede Etappe meiner schulischen und beruflichen Weiterbildung wurde ein Nachteilsausgleich vereinbart, auch in den fachtheoretischen wie praktischen Prüfungen um Berufsabschluss. Den musste ich bei der Handwerkskammer extra einreichen.

 

Weswegen es nicht ganz leicht für mich ist, meinen Weg zu gehen

Einerseits bist du geflüchtet. Das spielt in Deutschland eine große Rolle. Andererseits, weil du eine Behinderung hast, dadurch ist es manchmal richtig demotivierend, weil viele Leute darüber reden und sagen, du hast eine Behinderung. Eigentlich lohnt es nicht, dass du arbeitest. Bleib besser zuhause. Aber wie gesagt, ich wollte etwas erreichen und ich möchte etwas erreichen und ich werde auch etwas erreichen und dafür werde ich weiterkämpfen.

 

Was ich jungen Menschen mit einer Beeinträchtigung sagen möchte, die sich für einen Beruf im Handwerk interessieren

Ich kann mir vorstellen, dass Menschen in diesem Bereich arbeiten, aber es ist ganz schwierig, einen guten Job zu finden, weil es um das Thema Fahren geht. Ich empfehle, dass sie sich vorher gut beraten lassen, bevor sie in einen handwerklichen Beruf gehen in Bezug auf ihre Einschränkung. Ich leide im Moment darunter, dass ich keinen Führerschein erwerben darf, also nicht zu den Baustellen fahren kann. Ich bin also immer abhängig und nicht flexibel. Viele Betriebe wollen, dass ihre Gesellen einen PKW-Führerschein haben. Das ist ein echter Nachteil. Jeder kann selber entscheiden, ob er diese Schwierigkeiten in Kauf nimmt. Die Arbeit ist hart, die Fahrwege sind zum Teil lang, so dass kaum Zeit für Freizeit bleibt.

 

Was ich mir für meine Zukunft wünsche

Ich möchte gucken, dass ich einen Betrieb in der Nähe meiner Wohnung finde. Also arbeiten. Geld verdienen, eine bessere Wohnung finden, meine berufliche Entwicklung fortsetzen und versuchen, einen Meisterkurs in Hamburg in Vollzeit zu besuchen. Wenn ich den Meister habe, möchte ich gerne an einer Schule tätig sein.

Ich wünsche mir Gesundheit, viel Kraft in diesem Leben, gute Nerven, weil, wie gesagt, für mich als Person mit einer Behinderung ist es nicht immer einfach. Ich hoffe, dass ich einen Betrieb finde, der mich so akzeptiert wie ich bin. Mein Traumberuf ist Lehrer, ich möchte mit Jugendlichen an einer Berufsschule arbeiten. Lehrer zu werden, ist mein Wunsch aus der Kindheit. Ich selber konnte keine Schule in Afghanistan besuchen.

Wer mich bei meinen Zielen unterstützen möchte und Ideen hat: Ich freue mich über jeden Kontakt!

 

Masoodrahimi15@gmail.com

 

Vielen Dank, Masood für deine Bereitschaft, uns in unserer Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen!

 

Masood engagiert sich in einer Lübecker Bürgerinitiative. Er berichtet auf der Homepage von sich.

Sonntagsdialoge e.V.

Erfolgsgeschichten: Masood R.

 



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